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Mobile Arbeit im Ausland

Schwierig, aber nicht unmöglich

Durch die Corona-Pandemie ist mobile Arbeit für viele Arbeitnehmer zu einer Selbstverständlichkeit geworden. Mobile Arbeit aus dem Ausland ist hingegen noch keine Selbstverständlichkeit. Hier gibt es viele Hindernisse zu überwinden. Eine Vielzahl rechtlicher Fragen aus unterschiedlichen Rechtsgebieten gilt es zu klären. Dennoch besteht die Aussicht, wenn Arbeitgeber und Arbeitnehmer sich einig sind, ist in den meisten Fällen mobiles Arbeiten aus dem Ausland möglich.

Während der Corona Pandemie ist für viele Arbeitnehmer die mobile Arbeit zu etwas Selbstverständlichem geworden. Dennoch bedeutet mobiles Arbeiten nicht sofort, das Arbeiten an jedem Ort möglich geworden ist. Spätestens an den Landesgrenzen gibt es oft Probleme.

Es gibt viele Gründe warum Beschäftigte mobil aus dem Ausland arbeiten wollen oder müssen. Ihnen allen aber ist immer gleich: Es müssen viele rechtliche Hürden vorher genommen werden, bis dies möglich wird.

Aufenthaltsrecht

Aufenthaltsrechte im Ausland ausloten

Wenn ein Auslandsaufenthalt zur Arbeit genutzt werden soll, braucht man dafür entsprechende Aufenthaltsrechte. Wenn man als Tourist in ein Land einreist, darf man dort nicht arbeiten. So beinhaltet bspw. ein Businessvisum je nach Land eine unterschiedlich weite Berechtigung zum Arbeiten. Manche Länder wollen ausnahmslos eine Arbeitserlaubnis.

Am weitesten geht mobiles Arbeiten für einen deutschen Staatsbürger in der EU. Hier gilt für alle EU-Bürger das Privileg der Freizügigkeit, das heißt sie können in jedem Mitgliedstaat reisen und dort arbeiten. Hier gibt es sogar schon rechtliche Regelungen, wie die Richtlinie 96/71/EG des Europäischen Parlaments, der sogenannten Entsenderichtlinie, welche das Arbeiten im EU-Ausland regeln. Auch mobile Arbeit in einem anderen Mitgliedstaat der EU ist somit für deutsche Staatsbürger grundsätzlich möglich. Problematisch wird es hier nur, wenn die Arbeit im Ausland die Dauer von 3 Monaten übersteigt, aber dazu später mehr. Zunächst kann festgehalten werden, dass im Vergleich zur mobilen Arbeit aus einem Drittstaat das mobile Arbeiten im EU-Ausland relativ unproblematisch ist.

In Drittstaaten, wie zum Beispiel den USA oder nach dem Brexit dem Vereinigte Königreich, benötigen deutsche Staatsbürger entsprechende Aufenthaltsrechte und Arbeitserlaubnisse. Nur dann dürfen sie dort einer Erwerbstätigkeit, auch der mobilen Arbeit, nachgehen. Hier muss im Einzelfall immer überprüft werden, welcher Aufenthaltstitel mit welchen Arbeitsberechtigungen erworben werden muss, damit man in dem jeweiligen Land überhaupt arbeiten darf.

Zusatzvereinbarung eventuell notwendig, auf jeden Fall ratsam

Egal ob Drittstaat oder EU-Ausland, es ist ratsam, die wesentlichen Bedingungen, welche für die mobile Tätigkeit im Ausland gelten, im Arbeitsvertrag per Zusatzvereinbarung festzuhalten. Soll die Tätigkeit länger als vier aufeinanderfolgende Wochen im Ausland ausgeübt werden, so schreibt § 2 Abs. 2 NachwG eine Niederschrift sogar ausdrücklich vor:

  • das Land oder die Länder in denen der Arbeitnehmer eigesetzt wird
  • die geplante Dauer des Einsatzes
  • die Währung, in welche die Entlohnung erfolgen soll
  • falls vereinbart, die zusätzlichen Vergütungsleistungen
  • ein Vermerk, ob eine Rückkehr vorgesehen ist und wie deren Bedingungen aussehen

Fällt der Auslandsaufenthalt in den Anwendungsbereich der Entsenderichtlinie, müssen noch weitere Angaben in der Niederschrift festgehalten werden. So muss dokumentiert werden, auf welche Entlohnung der Arbeitnehmer im Einsatzland einen Anspruch hat. Außerdem gehört dann verpflichtend zu der Niederschrift ein Link zur offiziellen nationalen Informationswebseite, welche der jeweilige Mitgliedstaat betreibt, in den die Entsendung stattfindet.

Generell bietet es sich an, diese verpflichtende Niederschrift als Zusatzvereinbarung zum Arbeitsvertrag in Schriftform vorzunehmen.

Arbeitsrecht

Vorsicht bei den unterschiedlichen Rechtsräumen

Bei Abschluss einer solchen Zusatzvereinbarung zum Arbeitsvertrag stellt sich natürlich die Frage, welches Arbeitsrecht Anwendung findet. Normalerweise wird bei einem Arbeitsverhältnis das Arbeitsrecht angewendet, das an dem gewöhnlichen Arbeitsort des Mitarbeiters gilt. Dieser gewöhnliche Arbeitsort ist in der Regel der Ort, an dem Arbeitnehmer über die Hälfte ihrer (jährlichen) Arbeitszeit tätig sind.

Jedoch kennen auch nahezu alle Staaten auf der Welt eigene Schutzvorschriften für Arbeitnehmer, welche eventuell zusätzlich eingehalten werden müssen. Da dies auch auf Nicht-EU-Mitgliedsstaaten zutrifft, sollte vor einem Arbeitsaufenthalt in solchen Staaten immer das dortige Arbeitsschutzniveau in den Blick genommen werden. Um böse Überraschungen zu vermeiden, sollte immer überprüft werden, welche Regeln dort zwingend zu berücksichtigen sind. In Mitgliedsstaaten der EU ist es wieder etwas einfacher. Hier wurde dieser Sachverhalt in der Rom I-Verordnung von 2008 geregelt.

In Europa ist das Arbeitsrecht geregelt

Dort schreibt Art. 8 Rom I vor, dass bei Arbeitsverträgen das Arbeitsrecht des Staates angewendet wird, in welchem der Arbeitnehmer seinen gewöhnlichen Arbeitsort hat. Sollte der gewöhnliche Arbeitsort nicht geklärt werden können, gibt es mehrere Möglichkeiten. Zum einen kann das Recht des Staates, in dem sich die Niederlassung befindet, die den Arbeitnehmer eingestellt hat, angewendet werden. Oder im Fall, dass der Arbeitsvertrag eine enge Verbindung zu einem anderen Mitgliedsstaat aufweist, kann dessen Recht angewendet werden. Schließlich ist gemäß dem Prinzip der Vertragsfreiheit von Arbeitgeber und Arbeitnehmer ebenfalls eine Rechtswahl möglich.

Solch eine Rechtswahlklausel wäre dann auch grundsätzlich vorrangig. Jedoch schreibt Art. 8 Abs. 1 Rom I auch vor, dass solch eine Klausel auf keinen Fall zu einer Schlechterstellung des Arbeitnehmers führen darf. So darf das Arbeitsschutzniveau von Arbeitnehmern, die dauerhaft in einem anderen EU-Staat arbeiten, nicht unter das des Aufenthaltsstaates sinken. Dies kann der Fall sein, wenn das Arbeitsrecht, in dem die Vereinbarung abgeschlossen ist, nicht deckungsgleich mit dem Arbeitsrecht des gewöhnlichen Arbeitsortes ist.

Die Regelungen innerhalb der EU sind aufgrund der europäischen Richtlinien sehr ähnlich. Es gibt aber immer unterschiedliche Detailregelungen, die durchaus zwingend sein können. So sind die einzelnen Länder frei, die Form der seit 2019 EU-weit zwingenden Arbeitszeiterfassung zu bestimmen. Vorab muss deshalb auch bei einer Arbeitsaufnahme innerhalb der EU geprüft werden, welche Regeln nach dem lokalen ausländischen Recht zwingend sind. Damit Arbeitnehmer und Arbeitgeber den rechtlichen Rahmen bewusst zur Kenntnis nehmen, sollten die zwingenden lokalen Regeln ausnahmslos in die Ergänzung des deutschen Arbeitsvertrages mit aufgenommen werden.

Stets geht es also nicht nur darum, abstrakt die Erlaubnis zu einer Arbeitsaufnahme in dem jeweiligen ausländischen Staat einzuholen, sondern sich vorab über die zwingenden Regeln zu informieren, die auch bei einer ausländischen Tätigkeit für einen deutschen Arbeitgeber zu berücksichtigen sind.

Sozialversicherung

Auch die Sozialversicherung will geklärt sein

Im Bereich der Sozialversicherung drohen Probleme wie eine unnötige Doppelversicherung oder gar ein fehlender Versicherungsschutz. Um solche Probleme zu vermeiden, sollte man sich vorher informieren. So hat Deutschland außerhalb der EU und des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) sowie der Schweiz eine Reihe von Sozialversicherungsabkommen mit anderen Staaten abgeschlossen. Eine Übersicht dieser Abkommen kann online beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales eingesehen werden. Ist ein Arbeitsaufenthalt in einem Staat ohne ein derartiges Abkommen geplant, so sollte man sich auf jeden Fall vorab über die jeweilige Rechtslage informieren.

In der EU ist das Beschäftigungsland entscheidend

Innerhalb der EU, des EWR sowie der Schweiz ist die sozialversicherungsrechtliche Regelung bei Arbeit im Ausland vereinheitlicht. Maßgeblich ist hier die Verordnung (EG) Nr. 883/2004 der Europäischen Union von 2004. Diese legt fest: Arbeitnehmer sind in dem Mitgliedsstaat, in welchem sie tatsächlich ihre Tätigkeit ausüben, sozialversicherungspflichtig.

Sollte jedoch ein Arbeitnehmer nun vorübergehend von seinem Arbeitgeber zur Arbeit in die Schweiz oder das EU- oder EWR-Ausland entsandt werden, so sieht Art. 12 VO (EG) 883/04 eine Ausnahme vor. Bei einer Entsendung von bis zu 24 Monate ändert sich die Sozialversicherungspflicht nicht. Jedoch greift diese Ausnahme nicht bei Auslandseinsätzen - auch zum mobilen Arbeiten – die auf Wunsch des Arbeitnehmers zustande kommen. Wenn vorrangig aus privaten Gründen und nicht auf Anordnung des Arbeitgebers im Ausland gearbeitet wird, liegt keine Entsendung vor!

Praktischer Fall 1: Die 30-jährige Ingenieurin I macht drei Wochen Urlaub in Spanien und arbeitet alle zwei Tage weisungsgemäß jeweils eine Stunde die nötigsten E-Mails ab. Sie verliebt sich und will zunächst sechs Monate in Spanien bleiben und dafür dann ihre 35 Stunden in der Woche mobil arbeiten. Ohne wirksame Entsendungsvereinbarung gilt spanisches Recht.

Praktischer Fall 2: Der 30-jährige Programmierer P macht 3 Wochen Heimaturlaub bei seinen Eltern in Italien. Er arbeitet alle zwei Tage weisungsgemäß jeweils eine Stunde die nötigsten E-Mails ab. Seine Eltern erleiden bei einem Verkehrsunfall schwere Verletzungen und bedürfen mindestens für die nächsten Monate seiner Unterstützung. P möchte zunächst sechs Monate in Italien bleiben und dafür dann seine 35 Stunden in der Woche mobil arbeiten. Ohne wirksame Entsendungsvereinbarung mit dem Arbeitgeber gilt italienisches Recht.

Im Fall der dauerhaften Ausübung einer Beschäftigung in zwei oder mehr Mitgliedsstaaten fragt Art. 13 VO (EG) 883/04 wieder nach dem Ort, an dem der wesentliche Teil der Tätigkeit ausgeübt wird. Wird ein wesentlicher Teil der Tätigkeit des Arbeitnehmers im Wohnmitgliedsstaat ausgeübt oder ist der Arbeitnehmer bei verschiedenen Arbeitgebern mit Sitz in verschiedenen Mitgliedsstaaten beschäftigt, so ist der Arbeitnehmer im Sozialversicherungssystem des Wohnmitgliedsstaat versicherungspflichtig. Übt ein Arbeitnehmer nur einen unwesentlichen Teil seiner Tätigkeit in seinem Wohnmitgliedsstaat aus, so ist er in dem Staat, in welchem sein Arbeitgeber seinen Unternehmenssitz hat, sozialversicherungspflichtig.

Steuerrecht

Fast immer eine ausführliche Prüfung des Einzelfalls nötig

Auch im Steuerrecht ist die Frage nach dem Tätigkeitsort von entscheidender Bedeutung. In Deutschland ist ein Arbeitnehmer gemäß § 1 Abs. 1 EStG nicht mehr einkommenssteuerpflichtig, wenn sein Wohnsitz oder der Ort seines gewöhnlichen Aufenthalts nicht mehr in Deutschland liegt. In § 9 AO wird der gewöhnliche Aufenthalt als ein zeitlich zusammenhängender Aufenthalt von mehr als sechs Monaten Dauer definiert. Wobei kurzfristige Unterbrechungen unberücksichtigt bleiben.

Grundsätzlich müssen im Steuerrecht immer die Regelungen sowohl des Landes, in dem der Arbeitnehmer seinen Wohnsitz hat, als auch die des Landes, in dem der Arbeitsaufenthalt stattfindet, beachtet werden. Falls zwischen den beiden Ländern ein Doppelbesteuerungsabkommen besteht, so ist jenes natürlich auch zu beachten. Häufig stehen bei einem bestehenden Doppelsteuerabkommen bei nichtselbständiger Beschäftigung die Lohnsteuern dem Staat zu, in dem die Tätigkeit ausgeübt wird. In der EU wird es wieder etwas einfacher, hier ist schon meistens durch bilaterale Doppelbesteuerungsabkommen geregelt, dass Arbeitnehmer nur im Land, in dem sie ihren Wohnsitz haben, steuerpflichtig sind.

Generell gilt aber – wie bei allen hier genannten Punkten - man muss sich immer im Einzelfall informieren und am besten von einem Experten beraten lassen.

Falls es noch kein Doppelbesteuerungsabkommen zwischen dem Aufenthaltsstaat und Deutschland gibt, so kann unter Umständen nach § 34c EStG die ausländische Steuer mit der deutschen Steuerlast verrechnet werden. Generell gilt aber – wie bei allen hier genannten Punkten - man muss sich immer im Einzelfall informieren und am besten von einem Experten beraten lassen. Wichtig ist vor allem abzuklären, ob ein Doppelsteuerabkommen vorliegt und was dieses vorsieht. Das Bundesfinanzministeriums bietet hierzu auf seiner Webseite eine Übersicht der Staaten, mit denen Deutschland ein bilaterales Doppelbesteuerungsabkommen abgeschlossen hat.

Datenschutz

Die DSGVO ist auch im Ausland von Relevanz

Ein weiteres Hindernis für mobiles Arbeiten aus dem Ausland kann unter Umständen der Datenschutz sein. Denn egal wo die mobile Arbeit für einen deutschen Arbeitgeber erbracht wird, immer sind auch die Regelungen und Vorgaben der DSGVO zu beachten. So muss auch bei mobiler Arbeit im Ausland gewährleistet sein, dass Daten und Unterlagen vor der Einsichtnahme durch Dritte geschützt sind. Hier kann es je nach Aufenthaltsland eventuell zu Problemen oder Einschränkungen kommen. In der Regel unproblematisch ist ein Aufenthalt in Ländern, in denen die DSGVO gilt, also in der EU und dem EWR, sowie in Ländern mit einem Angemessenheitsbeschluss nach Art. 45 DSGVO.

Einzelfallprüfung immer erforderlich

Trotz all den hier angeschnittenen Rechtsfragen ist vor allem eines deutlich geworden: Mobile Arbeit aus dem Ausland ist zwar nicht einfach geregelt, aber prinzipiell ist sie in den meisten Fällen möglich. Stets ist eine Einzelfallprüfung erforderlich, damit die deutschen, wie auch die ausländischen Gesetze eingehalten werden können. Die zwingend zu beachtenden Regeln sollten in einer schriftlichen Ergänzung zum Arbeitsvertrag benannt werden.

Kein Anspruch auf mobile Arbeit aus dem Ausland

Wichtig ist aber in jedem Fall die Haltung des Arbeitgebers. Wenn dieser zum Beispiel aufgrund der Gefahr der ungewollten Gründung einer Betriebsstätte im Ausland dem Projekt kritisch gegenüber eingestellt ist, wird es sehr schwer. Einen generellen Rechtsanspruch auf mobile Arbeit, geschweige denn auf mobile Arbeit aus dem Ausland, gibt es derzeit in Deutschland noch nicht.
Wenn man kurzfristig oder dauerhaft im Ausland mobil arbeiten möchte, ist es daher stets ratsam, das Thema mit dem Betriebsrat seines Vertrauens zu besprechen. Die Betriebsräte vor Ort vermitteln im Unternehmen und nehmen sich der Sorgen und Anliegen der Arbeitnehmer an.

Der Artikel ist erstmals als Titelthema in der DGZ 01/2023 erschienen und wurde hier wiederveröffentlicht.

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